Ein Bekenntnis im Angesicht der geistigen Krise Europas
Vom Stiftungsrat verabschiedet an seines Sitzung am 26. Oktober 2017
Mit einem Nachwort des Präsidenten der Stiftung Bruder Klaus
„Niemand hat je Gott gesehen,
der einziggeborene Gott, der im Schoss des Vaters ist,
hat ihn uns verkündigt“ (Johannes 1,18).
Wir glauben, dass wir durch Vernunft oder Gefühl nicht zu fassen vermögen, woher wir unser Dasein haben, und dass wir nicht wissen können, was nach dem Tod auf uns wartet. Umso verwunderter sind wir, dass wir zum Vertrauen auf Jesus Christus gefunden haben. Ihm glauben wir, dass er uns zuverlässig kund tut, wer das Sichtbare und das Unsichtbare erschaffen hat und unserem Leben Ziel und Grenze setzt.
Was uns dadurch gegeben ist, sehen wir beispielhaft zusammengefasst in dem Brief, den nach dramatischen Kriegs- und Verhandlungsjahren der Einsiedler Niklaus von Flüe aus dankbarer Liebe formuliert hat. Diese Worte leiten uns, wenn wir in unserer Gegenwart neu zu klären versuchen, wem wir vertrauen und welche weit verbreiteten Annahmen wir deshalb als anmassend und irreführend erachten.
Das Bekenntnis samt dem erläuternden Nachwort zum Herunterladen
- Der Name Jesu sei euer Gruss
Wir bekennen, dass die Völker im Namen Jesu Anteil bekommen haben an dem Segen, den der Schöpfer des Himmels und der Erde durch das eine, von ihm erwählte Volk Israel hat Wirklichkeit werden lassen. Um diesen Segen wollen wir bitten und ihn weitergeben.
Wir glauben nicht, dass mit der modernen Zeit etwas Wirklichkeit geworden ist, das diese Gottesgabe ersetzen oder gar überbieten kann. Deshalb widersprechen wir allen Deutungen, die vom Evangelium nur das gelten lassen, was den Ideen eines menschheitlichen Fortschritts dient. - Ich, Bruder Klaus von Flüe
Wir bekennen uns zu den Boten, die einst von Jesus selber beglaubigt und beauftragt worden sind, und zu ihren Nachfolgern, die mit dem Einsatz ihres Lebens dem Evangelium gedient und es uns lieb gemacht haben. Ihre Worte und Werke wollen wir in Ehren halten.
Denn wir glauben nicht, dass wir ohne diese Rückbindung Gegenwart und Zukunft recht zu beurteilen vermögen, und dass vernünftige Einsichten, mystische Erfahrungen und charismatische Erlebnisse genügen, um uns von den Vorurteilen unserer Zeit frei zu machen. Darum wollen wir uns nicht vereinnahmen lassen von dem, was nur einleuchtet oder begeistert, und nicht auch versöhnt und tröstet. - Wir wünschen euch viel Gutes und danken euch viel Gutes und der heilige Geist sei euer letzter Lohn
Wir bekennen uns dazu, dass wir getauft sind auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und im Abendmahl empfangen, was Christus am Kreuz auf Golgatha erworben hat. Aus dieser uns geschenkten Gerechtigkeit wollen wir leben und uns üben, die uns anvertrauten Güter als treue Haushalter zu verwalten.
Wir glauben nicht, dass die Gemeinschaft der Heiligen, die durch diese Gaben ihr Leben erhält, von Menschen erdacht und erstrebt worden ist. Das scheidet uns von allen, die davon ausgehen, dass das Evangelium nichts Neues schafft, sondern nur zum Ausdruck bringt, was das verborgene Bedürfnis aller Menschen ist, so dass die Kirche den Erwartungen der Zeitgenossen möglichst nahe sein muss. - Von Liebe wegen schreibe ich euch mehr
Wir bekennen uns zu der Liebe Gottes, mit der er durch die Worte der Bibel zu uns spricht, uns aufklärt und auf den schmalen Weg eines bescheidenen, dankbaren und opfermutigen Erkennens führt. Mit der Bitte um den Heiligen Geist wollen wir danach streben, den hohen Weg der Liebe zu gehen, die nicht das Ihre sucht.
Wir glauben nicht, dass die Wissenschaften Erkenntnisse gewonnen haben, auf Grund derer wir das Recht und die Reichweite der biblischen Worte mit vorgefassten Verstehensmodellen eingrenzen müssen. Deshalb widersprechen wir allen Deutungen, die das Evangelium einer Lehre vom Verstehen oder einem weltanschaulichen Konzept unterwerfen. - Gehorsam ist die grösste, die im Himmel und auf dem Erdreich ist. Darum sollt ihr schauen, dass ihr einander gehorsam seid
Wir bekennen, dass Gott Liebe ist. Das drängt uns, auf ihn zu hören und einander in Ehrerbietung zuvorzukommen. Darum wollen wir der Stimme des guten Hirten folgen, unser Kreuz tragen und auf unsere Mitgeschöpfe hören.
Wir glauben nicht, dass die Freiheit uns dazu befreit, nach einem privaten Glück zu streben und von den Lasten unserer Nächsten unbeschwert zu bleiben. Deshalb widersprechen wir allen Deutungen, die aus dem Evangelium den Ruf zur Selbstverwirklichung herauslesen. - Weisheit ist ist das allerliebst deswegen, weil sie alle Dinge zum Besten anfängt
Wir bekennen, dass die Weisheit Gottes dem Kosmos von Pflanzen, Tieren und Himmelskörpern ihr schön geordnetes Dasein verleiht, und dass wir Menschen berufen sind, diese Schöpferwerke zu betrachten, über sie zu staunen, nachdenkend in ihre Gesetzmässigkeiten zu dringen und in der Folge der Generationen den Garten des Lebens zu bebauen und zu bewahren. Diese Lust am Leben wollen wir pflegen.
Wir glauben nicht, dass die Freude am Dasein sich ablösen lässt von dem, was uns naturhaft gegeben ist. Deshalb erachten wir es als töricht, davon abstrahieren zu wollen, dass jeder Mensch von einer Mutter geboren und einem Vater gezeugt worden ist, und wollen uns nicht vereinnahmen lassen von dem Versprechen, alles werde gut, wenn wir es nur gut heissen. - Friede ist allweg in Gott, denn Gott ist der Fried, und Friede mag nicht zerstört werden, Unfriede aber würde zerstört
Wir bekennen uns zu dem Frieden Gottes, der über allem Weh der Welt und allen Streitigkeiten unter den Menschen Bestand hat. In diesem Frieden wollen wir Zuflucht und Hoffnung suchen.
Wir glauben nicht, dass irgendeine Macht dieser Welt die Menschen auf Dauer versöhnen und etwas schaffen kann, das die Leiden dieser Zeit aufwiegt. Darum widersprechen wir den Deutungen des Evangeliums, die seine Verheissungen ummünzen zu Forderungen, die über das Mass dessen hinausgehen, was Jesus seinen Jüngern aufgetragen hat. - Darum sollt sollt ihr schauen, dass ihr auf Fried abstellt, Witwen und Waisen beschirmt, wie ihr noch bisher getan
Wir bekennen uns zu der Gerechtigkeit, die das Recht der Machtlosen schützt. Darum wollen wir unser Möglichstes tun, damit nicht die Gesetzlosigkeit überhandnimmt und die Liebe erkaltet, sondern dass weiterhin Menschen zum Dienst der Barmherzigkeit berufen und in ihm geehrt und ermutigt werden.
Wir glauben nicht, dass die Sorge für die Hilfsbedürftigen lebendig bleibt, wenn sie mit Gesetzesvorschriften, Steuergeldern und Sozialbeiträgen abgesichert zu sein scheint. Deshalb widersprechen wir der Vorstellung, dass das Evangelium selbstverständlich den Ausbau des Sozialstaates fordert. - Und wes Glück sich auf dem Erdreich mehret, der soll Gott dankbar dafür sein, so mehret es sich auch im Himmelreich
Wir bekennen, dass gnädige Fügungen und der Fleiss vorangehender Generationen uns vieles geschenkt haben, das unser Leben leichter macht und Krankheiten zurückdrängt. Dafür wollen wir dem Geber aller guten Gaben danken und unseren Teil dazu beitragen, dass viele sich mit einem guten Gewissen an diesem Guten freuen können.
Wir glauben jedoch nicht, dass wir unsere Bestimmung erfüllen, indem wir diesen Wohlstand sichern, mehren und ausbreiten. Wir wollen uns auch nicht vereinnahmen lassen von Deutungen, die aus dem Evangelium das Versprechen von Erfolg und Wohlergehen herauslesen. - Den offenen Sünden soll man widerstehen und der Gerechtigkeit allweg beistehen
Wir bekennen, dass wir uns an Gott versündigen und es nichts als Gnade ist, dass er uns gesucht und mit seinem Wort in unsere Rechte und Pflichten eingesetzt hat. Umso mehr wollen wir Tag für Tag seinem Ruf zur Umkehr folgen, gegen das Schändliche in unserem eigenen Verhalten ankämpfen und mit Wort und Tat offensichtlichen Verfehlungen entgegentreten.
Denn wir glauben nicht, dass ein Gemeinwesen Bestand haben kann, wenn es den Unterschied zwischen Recht und Unrecht vergleichgültigt und die Unmoral triumphieren lässt. Das scheidet uns von allen, für die es in der Evangeliumsverkündigung niemals etwas Drohendes geben darf. - Ihr sollt auch das Leiden Gottes im Herzen tragen, denn das ist des Menschen grösster Trost an seinem letzten End
Wir bekennen, dass Gott leidet an dem, was wir Unrechtes tun und lieblos geschehen lassen. Aus dem Geheimnis, dass Jesus Christus für uns gelitten hat und die Leidenden selig spricht, wollen wir den Trost schöpfen für alles, das uns quält und Angst macht.
Wir glauben nicht, dass wir ohne Leid erlöst werden können. Das scheidet uns von allen, die das Leiden entwerten und davon ausgehen, die menschliche Würde bestehe im Recht auf Selbstbestimmung. - Es ist mancher Mensch, der ist zweifelhaftig am Glauben … Wir sollen aber nicht zweiflerisch sein
Wir bekennen uns zu dem Kampf, in den der Glaube uns stellt. Umso weniger wollen wir mit unseren Zweifeln kokettieren, als ob eine alles relativierende Skepsis dem Frieden diene.
Wir glauben nicht, dass ein differenziertes Problembewusstsein genügt, um die Grundlagen für ein versöhntes Miteinander zu legen, und widersprechen der Behauptung, dass das Evangelium Anlass gebe zu einer immer offenen Suchbewegung, für die keine Grenzmarken und kein Ziel festgelegt sind. - Und der Teufel tut manchen Einfall durch den Glauben und allermeist durch den Glauben … ich schreibe es euch zu einer Vermahnug, dass, wenn der böse Geist jemanden ansucht, er desto ritterlicher widerstehe.
Wir bekennen, dass auch wir versucht werden durch denjenigen, den Jesus einen Menschenmörder und Vater der Lüge nennt, und dass diese Gefahr durch den Glauben noch grösser werden kann. Umso mehr wollen wir wachsam sein, unser Denken der Kritik des Evangeliums aussetzen, uns an die Rechtsordnungen halten und darum beten, dass Gott uns von dem Bösen erlöst.
Denn wir glauben nicht, dass wir den Glauben frei von der Bedrohung durch Heuchelei und Fanatismus halten können. Das scheidet uns von allen, die davon ausgehen, die List des Bösen lasse sich von den Gläubigen fern halten und es sei darum nicht nötig, dass wir beständig wieder ermahnt werden gegen die Versuchungen von Hochmut, Gier, Geiz, Selbstmitleid, Gleichgültigkeit, Resignation und viel anderem mehr. - Ich schreibe euch nicht darum, weil ich glaubte, ihr glaubet nicht recht; mir zweifelt nicht daran, dass ihr rechte Christen seid.
Wir bekennen uns zu Christus und werden deshalb Christen genannt. Wir wollen aber unser Möglichstes tun, damit die Menschen nicht über uns Christen, sondern über Christus nachdenken und reden.
Denn wir glauben nicht, dass sich ein fundiertes Urteilsvermögen bilden kann, solange Christus aus der öffentlichen Meinungsbildung ausgeschlossen ist. Deshalb widersprechen wir der Annahme, das Evangelium dürfe nur als eine private Glaubensüberzeugung Respekt und Kenntnisnahme fordern. - Gegeben auf St. Barbaratag im 82. Jahr
Wir bekennen, dass Gott Menschen beruft und ausrüstet, damit sie als Hirten und Lehrer der Gemeinschaft des Glaubens dienen. Darum wollen wir solche Menschen ehren und respektvoll bewahren, was Gott durch sie aufgebaut und zum Leuchten gebracht hat.
Wir glauben nicht, dass wir ein Recht haben, von Gott Besseres zu fordern als das, was er in Zeiten der Gnade hat werden und wachsen lassen. Das scheidet uns von allen, die das Evangelium lesen, als sei es direkt nur an sie gerichtet, losgelöst von dem, was der Heilige Geist von einer Generation zur anderen gewirkt hat.